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Albanien, Resultate und Probleme

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Berichte Albanien
In Albanien haben in der Nacht die Anhänger der oppositionellen Demokratischen Partei ihren vermeintlichen oder tatsächlichen Wahlsieg gefeiert. Fahnen schwenkend und hupend fuhren Albaner etwa durch die Straßen Tiranas und vor der Zentrale der Demokraten herrschte Freudenstimmung. Zwar sind auch 36 Stunden nach Wahlschluss noch nicht ein Mal die Stimmen in der Hälfte aller 100 Wahlzentren ausgezählt, trotzdem wir der Sieg der Opposition über die regierenden Sozialisten zunehmend wahrscheinlicher. Warum das so ist, berichtet aus Tirana unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Für den Sieg der oppositionellen Demokratischen Partei unter Sali Berisha gibt es drei Hinweise. Erstens feierten gestern nur seine Anhänger, während von den Anhängern der regierenden Sozialisten unter Fatos Nano niemand in den Straßen Tirans zu sehen war. Unmittelbar nach Wahlschuss am Sonntag abend war das noch anders, und Nano selbst hatte sich sogar ebenso wie Berisha zum Sieger erklärt. Zweitens zeigen eintreffenden Einzelergebnisse, dass die Demokraten offensichtlich in Führung liegen. Das gilt auch für Tirana, wo die Demokraten auch von der Spaltung der Linken klar profitiert haben. Denn ein Mandat in den 100 Einerwahlkreisen gewinnt der Kandidat, der die relative Mehrheit erreicht. Drittens führen die Demokraten und die mit ihnen verbündeten acht Kleinparteien auch bei der Wahl über die Parteilisten, bei der 40 Sitze vergeben werden. Sicher ist jedenfalls, dass im neuen Parlament 16 Parteien vertreten sind, wobei die Mehrheit zu den Demokraten gehört Trotzdem ist Vorsicht angebracht, denn das Wahlsystem ist ebenso kompliziert, wie die staatlichen Institutionen Albaniens unterentwickelt sind. Mit welchen Problemen etwa die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu kämpfen hatte, erläutert OSZE-Botschafter Christian Strohal so:

„Das ist ein Land ohne Adresssystem, es gibt kein Register, daher gibt es auch keine kompletten Wählerlisten, also hier waren eine Reihe von Problemfeldern im Vorlauf bereits. Der Wahltag selbst ist ruhig verlaufen, mit wenigen Zwischenfällen, mit einer Verwaltung in den einzelnen Wahlbezirken, die sicherlich zum Teil überfordert war. Manche Wahllokale haben überhaupt nicht aufsperren können, weil die Wählerlisten nicht angekommen sind. Also es hat schon, wenn man dann in die technischen Details geht, eine Reihe von Schwierigkeiten gegeben.“

So gibt es in Albanien keine Personalausweise und nach dem Wahlgesetz können die Parteien ihre Beisitzer in den Wahllokalen, die die Auszählung überwachen bis zwei Stunden vor Wahlschluss nominieren. Grund dafür sind Angst vor Bestechung oder Bedrohung der Beisitzer. Die OSZE hat die Wahl in Albanien mit 40 Lang- und 400 Kurzzeitbeobachtern überwacht. Den Ablauf bewertet Christian Strohal so:

„Am Wahltag selbst haben wir gewisse, wen aber auch sehr begrenzte Fortschritte gesehen. Wir haben gesehen, dass die Leute in den Wahllokalen versucht haben, das Beste mit dem derzeitigen System zu machen, aber wir sind weit davon entfernt, hier ein normales, demokratisches System zu haben, wo die Behörden und die politischen Parteien die Verantwortung die sie haben auch voll wahrnehmen.“

Dazu zählt Botschafter Strohal auch eine Reform des Wahlsystems, das kompliziert und anfällig für Manipulation mit legalen Mitteln ist. Die OSZE-Mission wird jedenfalls solange in Albanien bleiben, bis das Wahlergebnis offiziell feststeht, von den wichtigsten Parteien akzeptiert und damit die Grundlage für eine demokratische Regierungsbildung gegeben ist.

„Ich gehe davon aus, dass eine unserer Empfehlungen sein wird, dass Wahlsystem zu vereinfachen in einer Form, die den Missbrauch ausschließt; derzeit kann es missbraucht werden, zur Verzerrung der Wählerstimmen, zur Verzerrung des Auftrages der Verfassung, möglichst nahe an die Proportionalität zu kommen; wenn das System vereinfacht wird, dann kann man dem Auftrag der albanischen Verfassung selbst besser entsprechen.“

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