× Logo Mobil
  • Buch
  • Slider A
  • Slider B
  • Slider C
  • Slider D
  • Slider E
  • Slider F
  • Slider G
  • Slider Romy

„Drei Musketiere und eine Schildkröte“

„Wir sind die drei Musketiere – Einer für alle, alle für einen!“ sagte Außenminister Alexander Schallenberg jüngst in Tirana bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Außenministern Tschechiens und Sloweniens zur albanischen Außenministerin Olta Xhacka. Die Pressekonferenz fand im Garten des albanischen Außenministeriums statt; zum Schluss der Pressekonferenz spazierte eine Schildkröte durch das Gras vor dem Tisch, an dem die vier Personen saßen. Das Gelächter vor allem der Journalisten war groß, denn ein besseres Symbol für den Kriechgang, in dem die EU-Annäherung des Westbalkans abläuft, kann der Zufall eigentlich nicht bescheren.

„Drei Musketiere und eine Schildkröte“

„Wir sind die drei Musketiere – Einer für alle, alle für einen!“ sagte Außenminister Alexander Schallenberg jüngst in Tirana bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Außenministern Tschechiens und Sloweniens zur albanischen Außenministerin Olta Xhacka. Die Pressekonferenz fand im Garten des albanischen Außenministeriums statt; zum Schluss der Pressekonferenz spazierte eine Schildkröte durch das Gras vor dem Tisch, an dem die vier Personen saßen. Das Gelächter vor allem der Journalisten war groß, denn ein besseres Symbol für den Kriechgang, in dem die EU-Annäherung des Westbalkans abläuft, kann der Zufall eigentlich nicht bescheren.

Den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Nord-Mazedonien und Albanien empfiehlt die EU-Kommission bereits seit vielen Jahren; formell beschlossen ihn die 27-EU-Staaten zu Beginn der Corona-Krise im Frühling des Vorjahres nach zweimaliger Verschiebung, die vor allem Frankreich und die Niederlande erzwangen. Nun stellt sich die Frage, ob unter der portugiesischen EU-Präsidentschaft endlich die formelle Eröffnung durch eine Regierungskonferenz stattfinden wird. Die Chancen dafür haben sich seit Herbst vor allem für Nord-Mazedonien verschlechtert; nach der mühevollen Beilegung des Namensstreits mit Griechenland blockiert nun Bulgarien den Beginn der Beitrittsgespräche und zwar ebenfalls mit einem Rückgriff auf die umstrittene gemeinsame Geschichte. Ein Treffen in der Vorwoche zwischen Politikern beider Länder in Sofia brachte keine Annäherung; erschwerend hinzu kommt die instabile politische Lage in Sofia. Albanien hat dieses Problem zwar nicht, doch eine Trennung der beiden Länder beim Prozess der EU-Annäherung lehnen nicht nur die „drei Musketiere“ ab. In Tirana wollte Ministerpräsident Edi Rama im Interview, das ich mit ihm führte, keine Prognose abgeben, ob die EU-Außenminister Ende Juni grünes Licht für den Beginn von Beitrittsgesprächen geben werden:

"Es ist unmöglich derzeit Vorhersagen zu machen, was die EU tut wird. Es ist leichter vorherzusagen, dass Österreich Fußballweltmeister wird als was die EU tun wird. So haben wir eine starke Gruppe von Mitgliedern, die uns und den Beginn von Beitrittsverhandlungen unterstützt. Dazu zählen die Österreich, Tschechien und Slowenien, die hier von ihren drei Außenministern vertreten wurden; sie sind seit langem dafür, dass der formelle Verhandlungsprozess beginnen muss. Auf der anderen Seite gibt es einige andere Länder, die skeptisch sind, ungeachtet der Tatsache, dass die Entscheidung für den Beginn der Verhandlungen von allen Ländern insgesamt getroffen wurde. Doch dieser Beginn ist blockiert, weil es keinen Konsens gibt."

Widerstand kommt offiziell vor allem aus den Niederlanden und Frankreich; sie werfen Albanien vor, zu wenig gegen Korruption und Organisierte Kriminalität zu tun, doch die Erweiterungsmüdigkeit. Tatsache ist, dass Geldwäsche und Drogenhandel tatsächlich weiterhin eine große Herausforderung für das „Land der Skipetaren“ darstellt; das zeigte jüngst ein Bericht der „Global Initiative“ mit dem Titel „SPOT PRICES, Analyzing flows of people, drugs and money in the Western Balkans“, der aber eben den gesamten Westbalkan umfasst; dazu zählen auch Montenegro und Serbien, mit denen die EU trotzdem bereits vor mehr als sieben Jahren Beitrittsverhandlungen aufgenommen hat. Das ist auch der springende Punkt der Befürworter derartiger Gespräche mit Albanien und Nord-Mazedonien; denn es geht um den Beginn eines mühsamen Prozesses und nicht um den Beitritt selbst, und dafür sind beide Länder zweifellos „reif“.

Zu den grundsätzlich positiven Entwicklungen zählt die Durchleuchtung der Justiz: seit mehr als drei Jahren werden Richter und Staatsanwälte durch eine Kommission durchleuchtet. Diesen sogenannte „Vetting-Prozess“ haben bisher 370 Juristen durchlaufen, nur 40 Prozent von ihnen haben bestanden. Hinzu kommt die schlechte Organisation der Justiz insgesamt; der Weg zum Recht für den Bürger gleicht einem Spießrutenlauf. Positiv zu verbuchen ist, dass die Parlamentswahl jüngst – trotz vieler Mängel – recht gesittet ablief. Der sozialistische Ministerpräsident Edi Rama gewann neuerlich die absolute Mehrheit und damit eine dritte Amtszeit. Rama will die Modernisierung Albaniens massiv vorantreiben, die in den vergangenen 15 Jahren sichtbare Fortschritte gemacht hat; auch die Corona-Pandemie hat das Land erstaunlich gut gemeistert.

Abgesehen davon geht es für die EU in der Frage der Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nord-Mazedonien nicht nur um politische Glaubwürdigkeit, betonte in Tirana Außenminister Alexander Schallenberg:

"Es geht in Wirklichkeit um den Kampf der Lebensmodelle; entweder ist das ein europäisches Lebensmodell, das sich hier am Westbalkan durchsetzt, denn das ist nun einmal eine europäische Region umgeben von EU-Staaten, oder anderen. Es gibt in der Politik keine Vakuum; wenn wir uns als Europäische Union abwenden, dann werden andere, Stichwort Russland, China und Türkei hier stärker Fuß fassen, und das kann nicht in unserem strategischen Interesse sein."

Diese Meinung vertreten auch Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Slowenien, das in seiner EU-Präsidentschaft, die am ersten Juli beginnt, einen ganz klaren Schwerpunkt in Richtung Westbalkan setzen will.

Facebook Facebook